Major Consensus Narrative

Was bedeutet schon Wahrheit? Ist Wahrheit, was in der 20 Uhr Tagesschau berichtet wird? War das jemals die Wahrheit? Es gibt Anhaltspunkte, die nahelegen, dass das zumindest das war, was viele von uns heute für die Wahrheit halten. Ich glaube, dass es durchaus wichtig für eine Gesellschaft ist, dass sie eine gewisse Einigkeit darüber hat, was denn nun wahr ist, und was nicht.
In manchen Details diese Einordnung noch nie einfach. Haben sich Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe selbst getötet? War Gundolf Köhler ein Einzeltäter? Was hat Lee Harvey Oswald am November 22, 1963 getan? Es gibt diese einzelnen Punkte, an denen der Strang der kollektiven Wahrheit sind trennt und in viele einzelne Fäden auftrennt, aber im großen und ganzen gibt es ihn noch bis in die relativ junge Vergangenheit. Der 11. September 2001, der darauf Folgende Afghanistan- und Irak-Krieg mögen umstritten sein, aber was die Wahrheit dieser Ereignisse betrifft, gibt es noch eine gewisse Einigkeit. Danach löst sich dieser Faden jedoch auf und ich glaube, dies ist nicht nur der Nähe zum jetzt geschuldet, sondern Teil eines größeren Phänomens.

Teil dieser Theorie ist, dass man Wahrheit besser durch Major Consensus Narrative ersetzen sollte. Denn, ist es nicht eigentlich völlig egal, was wirklich war, solange wir uns darin einig sind, was passiert ist? Oder, ist es nicht viel mehr so, dass Wahrheit sowieso nie etwas anderes bedeutet hat, da, eine "echte" Wahrheit, wenn sie denn existiert, sowieso nie als solche erkannt werden kann? Viele Anhänger harter Wissenschaft mögen drauf beharren, dass es eine "echte" Wahrheit geben muss, aber davon konnte mich noch niemand überzeugen. Ihr seid dazu aufgerufen!

Viel spannender finde ich jedoch die Frage, wenn wir die Existenz eines Major Consensus Narrative akzeptieren und eingestehen, dass durch den Bedeutungsverlust der Massenmedien dieser leidet, was bedeutet dies für unsere Gesellschaft? Gibt es einen Weg zu verhindern, dass unsere Gesellschaft in Teile zerfällt, in denen jeder sein eigenes Weltbild mit seinem eigenen Narrativ hat, welche alle, völlig adäquat unsere Realität beschreiben? Oder wäre das überhaupt nicht schlimm? Spielt es eine Rolle, ob eines dieser Narrative die tatsächliche Kausalität beschreibt oder ist das nicht eigentlich völlig egal, da Politik und Wirtschaft schon immer nur auf Scheinkausalitäten beruhen und nähert ein weiter Baum an Narrativen nicht die "echte" Kausalität am Ende viel besser an?

Ich glaube, am Ende haben wir wenig zu verlieren, wenn wir den Begriff der Wahrheit beerdigen.

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